Mittwoch, 5. Juni 2013

Der Abwählkalender der Grünen

200 gute Gründe abzuwählen? 


Pünktlich 200 Tage vor der Bundestagswahl 2013 ging die Wahlkampagne der Grünen online: Der Abwählkalender. 200 Tage - 200 Gründe schwarz-gelb nicht noch einmal zu wählen. 
Die Grünen gehören für mich zu "den Guten". Grundsätzlich spricht nichts gegen diese Partei. Nichtsdestotrotz muss der Abwählkalender an dieser Stelle einmal genauer unter die Lupe genommen werden. 
Mir zumindest erscheint es komisch, dass man als Partei 200 Gründe findet, die anderen nicht zu wählen, jedoch nicht mit 200 guten Gründen für die eigene Partei Wahlkampf betreibt.


Wühlt man sich erstmal durch den Wust an Kalenderblätter, was ehrlich gesagt durchaus Ausdauer erfordert, wird man feststellen, dass die Grünen teilweise sehr überzeugende Gründe auffahren, schwarz-gelb nicht mehr zu wählen. In manchen Bereichen ist das ja auch gar nicht so schwer. 
So wird beispielsweise kritisiert, dass Kinderrechte nicht ins Grundgesetz aufgenommen wurden und Jugendliche allgemein zu wenig Teilhabe genießen. Es werden richtige und wichtige Argumente genannt: Keine Gleichstellung der Homo-Ehe, Mangelnde Fortschritte im Atomausstieg, Privilegien für Reiche und und und...


Aber liebe Macher dieses Abwählkalenders, spricht es denn wirklich für eure Partei, wenn man sich zunächst durch ein Meer, mehr oder weniger witziger Wortspiele kämpfen muss, um dann einen langen Text darüber zu lesen, was die jetzige Regierung schlecht macht, bis man schließlich und endlich über einen weiterführenden Link erfahren darf, warum die Grünen in diesem Punkt besser wären? Oder zumindest warum sie in diesem Punkt besser sein möchten...
Mich würde es deutlich mehr beeindrucken, wenn eine Partei 200 Gründe aufführen könnte, genau sie zu wählen. 200 mal sagen könnte, schaut her, dass wollen wir Gutes tun. Unabhängig von Fehlern anderer können wir gut dastehen.
Aber genau das wurde hier verfehlt. Durch den Abwählkalender zeigt man nur, dass man andere für ihre Fehler runter machen kann. Dass man brillieren kann, durch das Schlecht-Machen anderer Parteien. 
Ich wünsche mir einen Wahlkampf in dem jede Partei auf sich zeigt - darauf aufmerksam macht, was sie zu bieten hat und warum man sie wählen sollte. Doch die Art und Weise mit der hier Wahlkampf betrieben wird, ist viel mehr eine Schlammschlacht, als ein Überzeugen mit aussagekräftigen Argumenten. Wenn eine Partei wirklich so viel zu bieten hat, sollte sie nicht nur auf die anderen zeigen. Das Hauptaugenmerk sollte nicht darauf liegen, andere in ein schlechtes Licht zu stellen, sondern sich selbst in ein gutes.

Also bitte hört auf damit, uns mit, in bescheuerte Wortspielereien verpackten Vorwürfen von euch überzeugen zu wollen. Sondern zeigt, dass ihr auch ohne die Fehler der anderen gut seid.

Dienstag, 4. Juni 2013

Kinderrechte ins Grundgesetz!

Kinderrechte ins Grundgesetz!


Da die UN Kinderrechtskonvention in Deutschland seit 1992 anerkannt ist, aber bisher keinen Verfassungsrang hat, wird die Rechtssprechung leider nur wenig von ihr beeinflusst. Warum sollen die Kinderrechte denn überhaupt ins Grundgesetz? Und geht das so einfach? Ein Plädoyer für die Rechte von Kindern:


Aktuelle Situation




Um das Grundgesetz zu ändern, müssen zwei Drittel der Mitglieder des deutschen Bundestages und des Bundesrates zustimmen. 
Im Jahr 1992 wurde von der SPD ein Antrag auf Aufnahme diverser Kinderrechte gestellt. Dieser wiederum wurde über zwei Jahre hinweg von der Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat geprüft und im Juni 1993 zur Abstimmung gestellt. Leider gab es nicht genug Befürworter, um die nötige 2/3 - Mehrheit zu erreichen. 
2006 wurde der Prozess erneut angestoßen: Roman Herzog regte die Aufnahme an, Frau Merkel befürwortete sie, die Kinderkommission des deutschen Bundestags sprach sich ebenfalls dafür aus und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries legte einen Formulierungsentwurf vor. Trotzdem war der folgende Antrag der SPD Fraktion erneut nicht mehrheitsfähig.  

Was spricht dagegen?


Im Zuge der Meinungsbildung muss man sich fairerweise die Positionen der Gegner zu Gemüte führen. Hier die gängigsten Argumente gegen eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz:
  • Die Rechte von Kindern sind bereits durch die Menschenrechte im Grundgesetz verankert.
Selbstverständlich gelten die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte auch für Kinder. Daraus zieht man die Schlussfolgerung, dass eine Erweiterung um spezifische Kinderrechte überflüssig wäre und das Grundgesetz weich waschen würde. Eine Aufnahme der Kinderrechte wird als "Symbolpolitik" abgetan und als unnötig bewertet.
  • Der Schutz von Kindern muss vor Ort geschehen.
Ein durchaus berechtigtes Argument: Der Schutz von Kindern vor Gewalt, Verwahrlosung & Co. muss vor Ort geschehen. Er kann nur funktionieren, wenn Familien geholfen wird und die Bundesländer das Thema mit hoher Priorität behandeln. Der Fehler an dem Ganzen? Das spricht nicht gegen eine Aufnahme ins Grundgesetz! Natürlich wäre mit einer solchen Gesetzesänderung die Arbeit nicht getan. Aber nichtsdestotrotz wäre es ein sinnvoller Schritt.

  • Die Rechte der Eltern werden geschwächt.
Hier wird die Gegenüberstellung angeführt, dass durch die Stärkung der Rechte der Kinder, automatisch der Rechte der Eltern geschwächt würden. Diese Schlussfolgerung ist jedoch wenig sinnvoll, da es bei dieser Debatte keineswegs darum geht, Kinder und Eltern gegenüber zu stellen oder gegeneinander auszuspielen. Ganz im Gegenteil! Eine Verankerung der Rechte von Kindern würde die Eltern in ihrer Rolle vielmehr bestärken und ihre Wichtigkeit verdeutlichen.


Was spricht dafür?


Es gibt eine große Zahl an Gründen, die für eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz sprechen. Und zum Glück auch viele Menschen und Organisationen, die sich dafür einsetzen.
Ganz vorne mit dabei ist das Aktionsbündnis Kinderrechte (Die Lobby für Kinderrechte, UNICEF, Deutsches Kinderhilfswerk, Deutsche Liga für das Kind). Seit Jahren setzt sich das Bündnis für die Sache ein und sammelt Stimmen für ihr Anliegen. Hier kannst du dir die Seite des Aktionsbündnisses ansehen und deine Stimme für Kinderrechte abgeben.



Pflicht statt Willkür.


Eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz würde den deutschen Staat stärker in die Pflicht nehmen. Nur weil alle davon reden, dass Kinder unsere Zukunft sind, nimmt der Staat seine Verantwortung für Kinder noch lange nicht in ausreichendem Maße wahr. So würde dieser Schritt ein Zeichen setzen. Der Staat würde sich selbst verpflichten kindgerechte Lebensverhältnisse und faire Entwicklungschancen zu schaffen. Die derzeitigen Debatten über ungleiche Bildungschancen, wachsende Kinderarmut und Vergrößerung der sozialen Schere unterstreichen nur, dass ein klarer Schritt dringend nötig ist.

Kindeswohl an erster Stelle.


Die Pflicht von Eltern und Staat, alle ihre Handlungen gegenüber Kindern vorrangig am Kindeswohl auszurichten, würde mit einer Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt. Es werden viele konkrete Entscheidungen getroffen, die Kinder direkt betreffen. Von staatlicher Seite geht es hier beispielsweise um die Ausgestaltung neuer Lehrpläne, um die Planung von Wohnvierteln uä.. Auf Seiten der Eltern denke ich unter anderem an die Wahl der Schulart und der Betreuungsformen.
Es ist durchaus fraglich, ob bei all diesen Entscheidungen, das Wohl der Kinder wirklich mit hoher Priorität behandelt wird, oder ob nicht andere gesellschaftliche oder wirtschaftliche Zwänge hier längst die Überhand gewonnen haben.

Auf der sicheren Seite.


Dass der Schutz von Kindern enorm wichtig ist, muss wohl kaum diskutiert werden. Trotzdem kommt es immer wieder zu Gewalt, Misshandlung und Vernachlässigung gegenüber Kindern. Oft sind Kinder schon lange vor der konkreten Gewaltanwendung in Gefahr. Würde das Recht auf Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung im Grundgesetz verankert, hätten es Entscheidungsträger in vielen Situationen leichter. Oft müssen diese Interessen abwägen und vereinen. Mit einer Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz, wäre eines klar: Nichts geht über das Wohl und den Schutz des Kindes.

Die Rolle der Eltern.


Durch eine Verankerung von Kinderrechten könnte man Rechte und Pflichten der Eltern ganz deutlich umreißen und abgrenzen. Außerdem könnten die Kinderrechte eine Grundlage für Elternbildung darstellen. Man könnte verdeutlichen, dass die Befugnisse, die Eltern gegenüber ihren Kindern haben, in erster Linie dazu dienen, Erziehung und Pflege zu sichern.


Verfassung - beschwer dich!


Wären die Kinderrechte Teil der Verfassung, bestünde natürlich auch die Möglichkeit, bei Verletzung dieser eine Verfassungsbeschwerde einzureichen. Die Rechte der Kinder wären somit einklagbar und es ist wohl offensichtlich, dass alles was vor Gericht einklagbar ist, automatisch mehr Gewicht hat und ernster genommen wird. Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz würde also die Rechtslage der Kinder in Deutschland enorm stärken.

Sieh her deutsche Gesellschaft.


Dieser Grund ist vielleicht der offensichtlichste, dennoch sollte er seinen Platz an dieser Stelle haben. Eine rechtliche Verankerung der Stellung von Kindern in der Gesellschaft wäre selbstverständlich ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal. Kinder als eigenständige Persönlichkeiten an der Gesellschaft teilhaben zu lassen wäre ein wichtiger und richtiger Schritt. Den gerade ist dies in der alltäglichen Praxis in Schule, Elternhaus und Politik nicht gegeben. 

Sieh her Welt.


Die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz würde Deutschland in eine internationale Vorreiterposition bringen. Die gesetzliche Regelung hätte Signalwirkung, da nur wenige Vertragsstaaten, die die Kinderrechtskonvention unterzeichneten, bisher eine hinreichende gesetzliche Umsetzung vollziehen. 


Fazit


Vergleicht man die Argumente, die für und gegen eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz stehen, bleibt für mich kein Zweifel mehr. Stärken wir endlich die Menschen die unsere Zukunft sind, die in Deutschland zur Minderheit und die oft vernachlässigt werden. Es wird Zeit, dass wir Kindern wirklich zugestehen, was wir auf dem Papier schon seit Jahren unterzeichnet haben: Eigene Rechte!






Quellen:
Bild 1: http://www.diebeteiligung.de/diebeteiligung2//images/Bilder/kinderrechte.gif
Bild 2: JMG / pixelio.de

Sonntag, 2. Juni 2013

Grundprinzipien der Kinderrechte

Kinderrechte  - Grundprinzipien

In der UN Kinderrechtskonvention wurden 1989 weltweit Rechte von Kindern und Jugendlichen verabschiedet. Da die Kinderrechte von fast allen Staaten dieser Erde ratifiziert wurden, spricht man ihnen heute eine allgemeine Verbindlichkeit zu. 
Trotzdem finden die Kinderrechte keinen Platz in unserem Grundgesetz. Das halte ich für schwierig. Bevor wir uns jedoch mit der Frage auseinander setzen können, ob die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden sollten, möchte ich zunächst die Kinderrechte vorstellen. Hier kannst du dir das "Übereinkommen über die Rechte des Kindes" in Broschürenform ansehen.


                                                  Stephanie Hofschläger

Zum besseren Verständnis ist wichtig zu wissen, dass alle Menschen unter 18 Jahren als Kinder definiert wurden. Außerdem wird bekräftigt, dass trotz der Festlegung von besonderen Kinderrechten, allen Kindern selbstverständlich alle Menschenrechte zustehen.
Die Kinderrechte in der UN Kinderrechtskonvention basieren auf vier Grundprinzipien, die von dem zuständigen UN Ausschuss in Genf als solche definiert wurden:

Nichtdiskriminierung


Das Grundprinzip der Nichtdiskriminierung beruht auf Artikel 2 der UN Kinderrechtskonvention und deren Präambel. Bereits in der Präambel wird explizit deutlich gemacht, dass alle Menschen von Geburt an gleich sind. Daraus wird in Artikel 2 die "Achtung der Kinderrechte" und ein "Diskriminierungsverbot" abgeleitet.


Das bedeutet konkret, dass der Staat verpflichtet ist, Kinder vor Diskriminierung jeder Art zu schützen. Insgesamt ergibt sich aus diesem Grundprinzip der Auftrag alle Rechte ohne Einschränkung für Kinder geltend zu machen.
Es wird in diesem Artikel unter anderem aufgeführt, dass
"das Kind vor allen Formen der Diskriminierung oder Bestrafung wegen des Status, wegen der Tätigkeiten, der Meinungsäußerung oder der Weltanschauung der Eltern [...] geschützt wird". (UN Kinderrechtskonvention, Artikel2)  
Hier wird also Kindern das Recht zugesprochen, ihre Meinung frei zu äußern, wie jeder Erwachsene. Komisch, dass sie das bei Wahlen nicht dürfen, oder?

Vorrang des Kindeswohls


Aus Artikel 3 der UN Kinderrechtskonvention wurde dieses Grundprinzip abgeleitet. Grob gesagt ist hier gemeint, dass bei jeglichen Handlungen öffentlicher und privater Einrichtungen, das Wohlergehen des Kindes/ der Kinder vordergründig zu berücksichtigen ist. 

                                     

Einrichtungen die hier im Speziellen aufgeführt werden, sind 
"Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichte, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorgane."
Außerdem wird ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass mit Kindeswohl vor allem gemeint ist, dass die Gesundheit und Sicherheit des Kindes stets gewährleistet wird und Kinder in ausreichendem Maße beaufsichtigt werden sollen.

Entwicklung


Dieses Prinzip entstammt Artikel 6 der UN Kinderrechtskonvention und besagt im Wesentlichen, dass jedes Kind ein uneingeschränktes Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung hat.

Die Vertragsstaaten verpflichten sich an dieser Stelle dazu, dem Kind Entwicklung in größtmöglichem Maße zu ermöglichen und das Recht auf Leben und Überleben als angeboren anzuerkennen.

Berücksichtigung der Meinung des Kindes


Artikel 12 der UN Kinderrechtskonvention spricht Kindern das Recht zu, dass ihre Meinung, in Punkten, die sie betreffen, berücksichtigt wird. Es wird versichert, dass Kinder die Möglichkeit haben, ihre Anliegen direkt oder durch einen Vertreter einzubringen und dass sie, angemessen an Alter und Reife, ernstgenommen werden.
"Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden." (UN Kinderrechtskonvention, Artikel 12)

Kinder haben mehr Rechte! 




Die vielen weiteren Rechte von Kindern, lassen sich in Schutz-, Fördre- und Beteiligungsrechte untergliedern.
  • Schutzrechte:
Zu den Schutzrechten zählt man die Rechte auf Schutz der Identität und der Privatsphäre. Gemeint ist außerdem, dass Recht auf Schutz vor Trennung von den Eltern, gegen den Willen des Kindes, Schutz vor Schädigung durch Medien und vor Gewaltanwendung. Außerdem gehört der Schutz vor Misshandlung, wirtschaftlicher Ausbeutung, vor Suchtstoffen, vor sexuellem Missbrauch und vor Entführung zu dieser Kategorie. Zu guter Letzt sind hier noch der Schutz von Flüchtigen und Minderheiten, der Schutz bei bewaffneten Konflikten, Schutz in Strafverfahren und Verbot der lebenslangen Freiheitsstrafe zu nennen.
  • Förderrechte: 
Die Förderrechte beinhalten ein Recht auf Leben und Entwicklung, Familienzusammenführung und Versammlungsfreiheit. Es spricht Kindern ein Recht auf beide Eltern, Förderung bei Behinderung, Gesundheitsvorsorge und einen angemessenen Lebensstandard zu. Auch die Rechte auf Bildung, kulturelle Entfaltung, Ruhe, Freizeit und Spiel müssen hier genannt werden. Die Förderrechte werden durch die Rechte auf Zugang zu Medien und Integration geschädigter Kinder vervollständigt.
  • Beteiligungsrechte: 
Beteiligungsrechte meinen die Rechte auf freie Meinungsäußerung, auf Informationsbeschaffung und -weitergabe und auf Nutzung kindgerechter Medien.


Quellen:
Bild 1:  http://www.pomki.de/fileadmin/Pomki-Redaktion/Bilder/dahoam/kinderrechte_globus.jpg.jpeg
Bild 2:  https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj8alBu63NAy6WXMSefUiMP7lrOrQzCqYj9-6h82n9jRE55PyGDuRoD-eSuJAIRGb_MyFlgzCQmrhi5gBjJXN3F5HMaxB6a5jF9_LAmrgldcW43CYKWvSB3duVlI_fSwznd_M0CS9u1FmZf/s1600/kinderaugen.jpg
Bild 3: http://www.jugendamt.dortmund.de/servlet/picturepool/imageprovider?uid=117851






Samstag, 1. Juni 2013

Wahlaltersenkung


Wahlalter 0?!


Bevor wir uns der Frage zuwenden, was Wahlalter 0 genau ist bzw. ob das Ganze sinnvoll ist, muss an dieser Stelle kurz erläutert werden, welches Wahlalter überhaupt gemeint ist. Die meisten Gruppen und Personen, die sich für das Wahlalter 0 einsetzen, meinen damit ausschließlich das aktive Wahlrecht. So bezieht sich auch mein Artikel nur auf dieses.
Wahlalter 0 ist für viele wahrscheinlich ein irreführender Begriff. Gemeint ist damit nicht, dass jeder neugeborene Säugling wählen soll. Die Bezeichnung steht viel mehr für ein Wahlalter „ab Entscheidung“. Das bedeutet, dass jeder Mensch sich frei entscheiden kann, ab wann er wählen gehen möchte. Kinder und Jugendliche müssten sich zu ihrer ersten Wahl ins Wahlregister eintragen lassen, ab X Jahren wäre man automatisch im Wahlregister.
Ein Plädoyer für gerechte Teilhabe:

                                          Lars Haberl

Contra „Wahlalter 0“

Wie man sich sicherlich denken kann, gibt es einige Gegner dieses Konzeptes, die alle ähnliche Argumente vorbringen. Diese habe ich an dieser Stelle kurz zusammengefasst:
  • Reife: Kinder und Jugendliche sind nicht reif genug um politische Entscheidungen zu treffen.
  • Interesse: Kinder und Jugendliche wollen sich nicht beteiligen.
  • Beeinflussbarkeit: Kinder und Jugendliche sind leicht beeinflussbar.
  • Radikal: Kinder und Jugendliche wählen radikal.

Pro „Wahlalter 0“

Selbstverständlich bekommst du nun auch die Argumente zu sehen, die für ein Wahlalter 0 sprechen. Auch hier handelt es sich um eine Zusammenstellung der gängigsten Argumente:
  • juristisch: Wählen ist ein Grundrecht, dass jedem Menschen zusteht. (Art. 20 GG, Art. 38 (1) GG, Allg. Erklärung der Menschenrechte)
  • machtpolitisch: Politik vertritt Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker, wenn diese wählen dürfen. (Etwa 20% Bevölkerungsanteil)
  • Willkür: Alter ist ein willkürliches und unfaires Kriterium, um zu entscheiden, wer wählen darf und wer nicht.
  • Aktivierung: Wenn man Kinder und Jugendliche und ihre Interessen ernst nimmt, motiviert man sie somit, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben.
  • Immunisierung: Frühzeitige Einbindung in demokratische Prozesse schützt vor demokratiefeindlichen Haltungen.
  • Fähigkeit: Kinder und Jugendliche sind durchaus in der Lage politische Entscheidungen zu treffen.
  • Verständlichkeit: Wenn Politik kindgerecht erklärt wird, ist das auch für Erwachsene hilfreich. 


Darüber hinaus werden in Argumentationen für das Wahlalter 0 häufig Argumente genannt, die schlichtweg die Gegenpositionen zu den genannten Argumenten der Gegner darstellen. So ist man der Ansicht, dass auch Erwachsene häufig unreflektierte Wahlentscheidungen treffen und somit der Grund für die Wahlentscheidung irrelevant für die Diskussion ist. Weiterhin muss beachtet werden, dass auch Erwachsene beeinflussbar sind. Schließlich würde ohne eine Beeinflussbarkeit bei Erwachsenen der gesamte Wahlkampf keinen Sinn ergeben.

Was sage ich dazu?

Wie bereits zu Beginn dieses Artikels erwähnt spreche ich mich für eine Wahlaltersenkung aus. Der ausschlaggebende Grund dafür war, dass Kinder und Jugendliche derzeit in der Politik nicht ausreichend berücksichtigt werden. Außerdem ist Wahlalter 0 ein Weg zu mehr Beteiligung, der dann erfolgreich sein kann, wenn er richtig begleitet wird. So fordere ich nicht nur das Wahlalter 0, sondern einen sinnvollen und gut durchdachten Umgang damit. Altersgerechte Begleitung und Befähigung zu politischem Diskurs in Elternhaus, Kindergarten, Schule und Freizeit wären unbedingt nötig. Desweiteren müssten von klein auf echte Beteiligungsmöglichkeit in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen geschaffen werden. So können Kinder und Jugendliche nach und nach lernen, mit der Verantwortung einer Entscheidung umzugehen und diese bewusst zu treffen.

Wie wählen Kinder und Jugendliche eigentlich?

Um sich eine Meinung zum Thema „Wahlalter 0“ zu bilden, ist es sicherlich hilfreich einen Blick auf Ergebnisse vergangener U18 Wahlen zu werfen:



Oben dargestellt sind die Ergebnisse der U18 - Bundestagswahl 2009. Wie man sieht haben Kinder- und Jugendliche die Grünen, die Piraten und sonstige Parteien deutlich mehr gewählt, als Erwachsene. Dafür haben CDU/ CSU sowie die FDP deutlich weniger Stimmen bekommen, als von den volljährigen Wählern.
Betrachtet man die Differenzen der Wahlergebnisse muss jedoch stets bedacht werden, dass auch zwischen den anderen Altersgruppen enorme Unterschiede zwischen den Wahlergebnissen zu finden sind. Beispielsweise wählten 2012 bei den Landtagswahlen in NRW nur 6% der über 60 jährigen die Grünen, bei den 18-24jährigen erzielte die Partei ganze 17%. 
Die U18 Wahllokale sind bei den vergangenen Wahlen nicht überall gleichermaßen vertreten gewesen, da sich nicht in jedem Ort ein Ausrichter für die U18 Wahl gefunden hat. Trotzdem haben 2009 bereits 127.000 Kinder und Jugendliche ihre Stimme abgegeben und auf diesem Wege deutlich gemacht, dass sie interessiert sind und politisch mitentscheiden möchten.

Eine repräsentative Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerks hat weitere Interessante Ergebnisse zum Thema hervorgebracht. Die Ergebnisse zeigen: Kinder und Jugendliche wollen mitentscheiden! Zwei Drittel der Befragten zwischen 10 und 17 Jahren haben den Eindruck, dass es die Bundesregierung zu wenig interessiert, was junge Menschen denken. Die Befragten gaben an, dass sie vor allem bei den Themen Freizeitgestaltung, Schule und Umwelt mitreden wollen.
90% der Befragten Kinder und Jugendlichen gab an, dass es in ihrem Stadtteil/ Wohnort nicht genüg Beteiligungsmöglichkeiten gibt.
(http://www.dkhw.de/cms/80-startseite/1606-umfrage)

Wie soll das funktionieren?

Klar ist, dass Kinder nicht von klein auf plötzlich in der Lage sein werden, sich politisch zu beteiligen bzw. wählen zu gehen. Deshalb hier ein Konzept, wie politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sinnvoll ablaufen kann:
  • 0-6 Jahre: Frühes Üben von Entscheidungsfindung, Kompromissfähigkeit, Vertreten eigener Meinungen und Einbindung in politische Gespräche
  • 7-9 Jahre: lebensweltbezogene Aufbereitung politischer Inhalte, Beteiligung an Wahlen, Themenverständnis und Spaß am Mitbestimmen, „Kinderwahlbüros“
  • 10-12 Jahre: Unterstützung eigener Meinungsbildung durch demokratische Strukturen in der Schule, Begleitung, Stärkung der politischen Bildung in der Schule und Jugendarbeit, Jugendverbände als Vorreiter
  • 13+ Jahre: reguläre Wahlteilnahme kompetenter BürgerInnen

Fazit

Wenn wir uns Mühe geben und die Regierung bereit ist, Ressourcen zu investieren, können wir es schaffen Kinder- und Jugendliche aktiv an Politik und Gesellschaft zu beteiligen. Machen wir uns frei von willkürlichen Grenzen und setzen wir uns ein für Teilhabe von Kindern und Jugendlichen!