Dienstag, 4. Juni 2013

Kinderrechte ins Grundgesetz!

Kinderrechte ins Grundgesetz!


Da die UN Kinderrechtskonvention in Deutschland seit 1992 anerkannt ist, aber bisher keinen Verfassungsrang hat, wird die Rechtssprechung leider nur wenig von ihr beeinflusst. Warum sollen die Kinderrechte denn überhaupt ins Grundgesetz? Und geht das so einfach? Ein Plädoyer für die Rechte von Kindern:


Aktuelle Situation




Um das Grundgesetz zu ändern, müssen zwei Drittel der Mitglieder des deutschen Bundestages und des Bundesrates zustimmen. 
Im Jahr 1992 wurde von der SPD ein Antrag auf Aufnahme diverser Kinderrechte gestellt. Dieser wiederum wurde über zwei Jahre hinweg von der Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat geprüft und im Juni 1993 zur Abstimmung gestellt. Leider gab es nicht genug Befürworter, um die nötige 2/3 - Mehrheit zu erreichen. 
2006 wurde der Prozess erneut angestoßen: Roman Herzog regte die Aufnahme an, Frau Merkel befürwortete sie, die Kinderkommission des deutschen Bundestags sprach sich ebenfalls dafür aus und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries legte einen Formulierungsentwurf vor. Trotzdem war der folgende Antrag der SPD Fraktion erneut nicht mehrheitsfähig.  

Was spricht dagegen?


Im Zuge der Meinungsbildung muss man sich fairerweise die Positionen der Gegner zu Gemüte führen. Hier die gängigsten Argumente gegen eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz:
  • Die Rechte von Kindern sind bereits durch die Menschenrechte im Grundgesetz verankert.
Selbstverständlich gelten die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte auch für Kinder. Daraus zieht man die Schlussfolgerung, dass eine Erweiterung um spezifische Kinderrechte überflüssig wäre und das Grundgesetz weich waschen würde. Eine Aufnahme der Kinderrechte wird als "Symbolpolitik" abgetan und als unnötig bewertet.
  • Der Schutz von Kindern muss vor Ort geschehen.
Ein durchaus berechtigtes Argument: Der Schutz von Kindern vor Gewalt, Verwahrlosung & Co. muss vor Ort geschehen. Er kann nur funktionieren, wenn Familien geholfen wird und die Bundesländer das Thema mit hoher Priorität behandeln. Der Fehler an dem Ganzen? Das spricht nicht gegen eine Aufnahme ins Grundgesetz! Natürlich wäre mit einer solchen Gesetzesänderung die Arbeit nicht getan. Aber nichtsdestotrotz wäre es ein sinnvoller Schritt.

  • Die Rechte der Eltern werden geschwächt.
Hier wird die Gegenüberstellung angeführt, dass durch die Stärkung der Rechte der Kinder, automatisch der Rechte der Eltern geschwächt würden. Diese Schlussfolgerung ist jedoch wenig sinnvoll, da es bei dieser Debatte keineswegs darum geht, Kinder und Eltern gegenüber zu stellen oder gegeneinander auszuspielen. Ganz im Gegenteil! Eine Verankerung der Rechte von Kindern würde die Eltern in ihrer Rolle vielmehr bestärken und ihre Wichtigkeit verdeutlichen.


Was spricht dafür?


Es gibt eine große Zahl an Gründen, die für eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz sprechen. Und zum Glück auch viele Menschen und Organisationen, die sich dafür einsetzen.
Ganz vorne mit dabei ist das Aktionsbündnis Kinderrechte (Die Lobby für Kinderrechte, UNICEF, Deutsches Kinderhilfswerk, Deutsche Liga für das Kind). Seit Jahren setzt sich das Bündnis für die Sache ein und sammelt Stimmen für ihr Anliegen. Hier kannst du dir die Seite des Aktionsbündnisses ansehen und deine Stimme für Kinderrechte abgeben.



Pflicht statt Willkür.


Eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz würde den deutschen Staat stärker in die Pflicht nehmen. Nur weil alle davon reden, dass Kinder unsere Zukunft sind, nimmt der Staat seine Verantwortung für Kinder noch lange nicht in ausreichendem Maße wahr. So würde dieser Schritt ein Zeichen setzen. Der Staat würde sich selbst verpflichten kindgerechte Lebensverhältnisse und faire Entwicklungschancen zu schaffen. Die derzeitigen Debatten über ungleiche Bildungschancen, wachsende Kinderarmut und Vergrößerung der sozialen Schere unterstreichen nur, dass ein klarer Schritt dringend nötig ist.

Kindeswohl an erster Stelle.


Die Pflicht von Eltern und Staat, alle ihre Handlungen gegenüber Kindern vorrangig am Kindeswohl auszurichten, würde mit einer Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt. Es werden viele konkrete Entscheidungen getroffen, die Kinder direkt betreffen. Von staatlicher Seite geht es hier beispielsweise um die Ausgestaltung neuer Lehrpläne, um die Planung von Wohnvierteln uä.. Auf Seiten der Eltern denke ich unter anderem an die Wahl der Schulart und der Betreuungsformen.
Es ist durchaus fraglich, ob bei all diesen Entscheidungen, das Wohl der Kinder wirklich mit hoher Priorität behandelt wird, oder ob nicht andere gesellschaftliche oder wirtschaftliche Zwänge hier längst die Überhand gewonnen haben.

Auf der sicheren Seite.


Dass der Schutz von Kindern enorm wichtig ist, muss wohl kaum diskutiert werden. Trotzdem kommt es immer wieder zu Gewalt, Misshandlung und Vernachlässigung gegenüber Kindern. Oft sind Kinder schon lange vor der konkreten Gewaltanwendung in Gefahr. Würde das Recht auf Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung im Grundgesetz verankert, hätten es Entscheidungsträger in vielen Situationen leichter. Oft müssen diese Interessen abwägen und vereinen. Mit einer Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz, wäre eines klar: Nichts geht über das Wohl und den Schutz des Kindes.

Die Rolle der Eltern.


Durch eine Verankerung von Kinderrechten könnte man Rechte und Pflichten der Eltern ganz deutlich umreißen und abgrenzen. Außerdem könnten die Kinderrechte eine Grundlage für Elternbildung darstellen. Man könnte verdeutlichen, dass die Befugnisse, die Eltern gegenüber ihren Kindern haben, in erster Linie dazu dienen, Erziehung und Pflege zu sichern.


Verfassung - beschwer dich!


Wären die Kinderrechte Teil der Verfassung, bestünde natürlich auch die Möglichkeit, bei Verletzung dieser eine Verfassungsbeschwerde einzureichen. Die Rechte der Kinder wären somit einklagbar und es ist wohl offensichtlich, dass alles was vor Gericht einklagbar ist, automatisch mehr Gewicht hat und ernster genommen wird. Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz würde also die Rechtslage der Kinder in Deutschland enorm stärken.

Sieh her deutsche Gesellschaft.


Dieser Grund ist vielleicht der offensichtlichste, dennoch sollte er seinen Platz an dieser Stelle haben. Eine rechtliche Verankerung der Stellung von Kindern in der Gesellschaft wäre selbstverständlich ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal. Kinder als eigenständige Persönlichkeiten an der Gesellschaft teilhaben zu lassen wäre ein wichtiger und richtiger Schritt. Den gerade ist dies in der alltäglichen Praxis in Schule, Elternhaus und Politik nicht gegeben. 

Sieh her Welt.


Die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz würde Deutschland in eine internationale Vorreiterposition bringen. Die gesetzliche Regelung hätte Signalwirkung, da nur wenige Vertragsstaaten, die die Kinderrechtskonvention unterzeichneten, bisher eine hinreichende gesetzliche Umsetzung vollziehen. 


Fazit


Vergleicht man die Argumente, die für und gegen eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz stehen, bleibt für mich kein Zweifel mehr. Stärken wir endlich die Menschen die unsere Zukunft sind, die in Deutschland zur Minderheit und die oft vernachlässigt werden. Es wird Zeit, dass wir Kindern wirklich zugestehen, was wir auf dem Papier schon seit Jahren unterzeichnet haben: Eigene Rechte!






Quellen:
Bild 1: http://www.diebeteiligung.de/diebeteiligung2//images/Bilder/kinderrechte.gif
Bild 2: JMG / pixelio.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen