Samstag, 1. Juni 2013

Geht wählen!


Geht wählen!


Die Bundestagswahlen in Deutschland stehen vor der Tür und immer öfter spreche ich mit Menschen, die bereits jetzt entschlossen sind nicht wählen zu gehen. Wie es um die Wahlbeteiligung in Deutschland steht und warum man unbedingt wählen gehen sollte, erfährst du hier. Ein Plädoyer für die Teilhabe.

                                          Wilhelmine Wulff

So sieht es aus in Deutschland...


Zunächst sollen an dieser Stelle ein paar prägnante Zahlen und Fakten für dich zusammengefasst werden: Dass die Wahlbeteiligung in Deutschland sinkt, ist schließlich kein Geheimnis mehr.

Wahlbeteiligung allgemein

Die ansehnlichen 91,1% Wahlbeteiligung der Bundestagswahl von 1972, sind 2009 auf traurige 70, 8% gefallen. Grundsätzlich sind die deutlich über 80% Wahlbeteiligung, die vor der Wiedervereinigung selbstverständlich waren, heute ein weit entfernter Traum.
Bei anderen Wahlen sieht es mit der Wahlbeteiligung noch schlechter aus: Bei Landtagswahlen wird in der Regel gerade einmal die 50% Marke geknackt, Kommunalwahlen schaffen im Schnitt 45%, die letzte Europawahl machte gerade mal 43%. [1]


Wahlbeteiligung nach Altersgruppe



Betrachtet man sich obige Darstellung, fallen einige Punkte sehr schnell auf: Als allererstes sticht ins Auge, dass, bis auf wenige Ausnahmen, die Regel gilt, „ja älter, desto eher geht man wählen". Hier spielen nur zwei Altersgruppen nicht mit: Zum einen die über 70jährigen und zum anderen die unter 21jährigen. Dass die ältesten unserer Gesellschaft nicht mehr alle wählen können, drängt einem Gedanken an andere Gründe auf. Für viele spielen sicherlich die körperliche und geistige Verfassung eine entscheidende Rolle.

Dass jedoch die unter 21jährigen sich stärker an der Wahl beteiligen, als die Bürger zwischen 21 und 25, und unsere jüngsten Wähler 2009 sogar die 25-30jährigen überholt haben ist durchaus interessant. Vor allem wenn man bedenkt, dass bei Debatten um die Wahlaltersenkung stets Argumente fallen, die besagen, Jugendliche hätten weder Interesse daran sich zu beteiligen, noch seien sie dazu in der Lage.

Wahlbeteiligung nach Geschlecht

Repräsentative Wahlstatistiken zeigen, dass bei bisher jeder Bundestagswahl von 1953 bis 2009, die Männer, in Sachen Wahlbeteiligung, die Nase vorn hatten.  Jedoch zeigt die Entwicklung auch, dass es für die Frauen garnicht so schlecht aussieht. Der Abstand zwischen den Geschlechtern wird nämlich von Wahl zu Wahl geringer: Von 3,1 Prozentpunkten Unterschied bei der Bundestagswahl 1953, ist die Differenz bis 2009 auf 0,8 Prozentpunkte geschrumpft.[2] Aber trotzdem, liebe Frauen, da geht noch mehr!


Muss man sich wegen der niedrigen Wahlbeteiligung Sorgen machen?


Nein...?

Es gibt Theorien, die besagen, dass die niedrige Wahlbeteiligung kein Grund zur Sorge sein sollte. Da deren Argumente recht interessant sind, sollen sie an dieser Stelle kurz aufgeführt werden.
Die drei Thesen auf die sich in der Regel an dieser Stelle berufen wird sind:
  • Normalisierungsthese: Die deutsche Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen liegt im internationalen Vergleich relativ hoch. Die Tatsache, dass sie im Vergleich zu den 70er Jahren abgenommen hat, zeugt viel mehr von einer Normalisierung als von einem Krisensymptom der Demokratie.
  •  Zufriedenheitsthese: Wer nicht wählen geht, ist mit der aktuellen Politik und der Funktionsweise der Demokratie einverstanden.
  • Substitutionsthese: Wahlen sind für viele nicht mehr die Beteiligungsform, die zu ihrem Lebensstil passt. Genauso wenig wie die Mitarbeit in Parteien und Verbänden. Sie identifizieren sich eher mit alternativen Beteiligungsformen, wie Bürgerbewegungen, Boykotten & Co.  [3]

Ja...!

Selbstverständlich ist der Rückgang der Wahlbeteiligung trotzdem ein Grund zur Sorge. Vor allem, wenn man bedenkt, dass bisherige Erfahrungen folgendes gezeigt haben: Je größer die soziale Ungleichheit, desto niedriger die Wahlbeteiligung.
„Denn je ungleicher ein Land ist, desto weniger vertrauen die Bürger ihren Politikern und Parlamenten und desto unzufriedener sind sie mit ihrer Demokratie.“[4]
Es sollte unser aller Ziel sein, dass wir aus Unzufriedenheit nicht die Konsequenz ziehen, nicht mehr wählen zu gehen. Jeder und jede sollte die eigene Stimme nutzen. Sie einsetzen um etwas zu bewegen. Denn wer das nicht tut, kann noch lange unzufrieden zu Hause sitzen – ändern wird sich dadurch nichts!


Und warum soll ich wählen gehen?


Eigentlich ist dieser Artikel ja nicht dazu da, dir Zahlen und Fakten der bisherigen Wahlen um die Ohre zu hauen, sondern Überzeugungsarbeit zu leisten. Denn meiner Meinung nach ist eines ganz klar: Jeder sollte wählen gehen!

Wir brauchen die Demokratie, die Demokratie braucht uns!

In der Demokratie ist „das Volk oberster Souverän und oberste Legitimation politischen Handelns.“[5] Da das Volk jedoch trotzdem nicht die unmittelbare Herrschaft ausübt, ist der Beitrag jedes und jeder Einzelnen, auf gesetzlich geregelte Teilhabeverfahren, wie zum Beispiel Wahlen, beschränkt.  Der folgende Rückschluss ergibt sich quasi von selbst: Wenn das Volk die Beteiligungsformen nicht mehr nutzt, wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Teilhabe verfallen lassen, entziehen wir somit der Demokratie ihre Grundlage. Wir brauchen die Demokratie, denn schließlich ist „Die Demokratie die schlechtester aller Staatsformen,... ausgenommen aller anderen.“ (Winston Churchill).
Aber die Demokratie braucht auch uns. Wenn Bürgerinnen und Bürger sich immer weniger beteiligen wollen, wird diese Staatsform damit ad absurdum geführt. Da sie jedoch die einzig richtige ist, bleibt nur eine Konsequenz: Beteiligung!

Kleinvieh macht auch Mist!

Es ist ein typischer Trugschluss, dass Bürgerinnen und Bürger denken, wenn man nicht eine der großen Parteien wählt, sei die Stimme sowieso verschenkt und man könne genauso gut weiter zu Hause sitzen und Tee trinken. An dieser Stelle muss jedoch bedacht werden, dass es in Deutschland nicht nur die 5% Hürde für den Einzug in den Bundestag gibt. Es gibt außerdem eine 0,5% Hürde:
Ab 0,5% der abgegebenen gültigen Stimmen erhält eine Wahlliste eine Wahlkampfkostenerstattung. Solange eine Partei wie die NPD davon profitiert, und Steuergelder von uns erhält, ist das natürlich ärgerlich. Aber es gibt ja auch andere Parteien unter den „Sonstigen“. Parteien, die für den ein oder anderen vielleicht wählbar sind. Und diese Stimmen sind nicht verschenkt! Denn kleine Parteien kann man mit seiner Stimme bewusst unterstützen. Man kann dafür sorgen, dass diese Parteien sich finanzieren können, und ihnen somit die Chance zur Entwicklung geben.

Alternativlosigkeit gibt es nicht!

Ein klassisches Argument, das mir von alteingesessenen Nicht-Wählern immer wieder entgegengebracht wird ist: Es gibt keine Partei, die ich wählen will. Bei diesem Argument kommen in mir zwei Gedanken auf:
Zum einen stellt sich mir die Frage, ob sich die betreffende Person genug über die verschiedenen Parteien informiert hat. Dies sollte jede und jeder mündige Mensch als Pflicht für sich selbst sehen und ernst nehmen.
Aber mal angenommen, man hat sich wirklich eingehend mit der Materie auseinandergesetzt und ist dann zu dem Schluss gekommen, dass es tatsächlich keine Partei gibt, der man guten Gewissens seine Stimme geben kann, ist es trotzdem nicht der richtige Rückschluss, nicht zur Wahl zu gehen.
Denn mit einer Nicht-Wahl macht man eine völlig andere Aussage. Wer nicht zur Wahl geht, sagt damit, dass es ihm oder ihr völlig egal ist, wer regiert. Wer nicht zur Wahl geht, entzieht sich damit selbst jede Legitimation im Nachhinein Kritik zu üben. Kurz gesagt – wer nicht zur Wahl geht, dem ist es egal!
Jemand der jedoch mitbestimmen möchte, nur keine geeignete Partei findet, sollte eine andere Folgerung daraus ziehen. Derjenige sollte zur Wahl gehen und den Stimmzettel ungültig machen. Der sollte sich trotzdem die Zeit nehmen, um die politische Aussage zu machen: Ich will mitreden, aber ihr bietet mir kein akzeptables Angebot.

Das war noch längst nicht alles!

Natürlich lassen sich an dieser Stelle noch viele weitere Argumente aufführen, warum man wählen gehen sollte. Um nicht jedes existierende Argument so ausführlich zu beleuchten wie die Obigen, hier ein kurzer Überblick:
  •  Indem man wählen geht übernimmt man Verantwortung für nachfolgende Generationen.
  • Auf unserer Welt gibt es bis heute Länder, in denen Menschen um ihr Wahlrecht kämpfen müssen.
  • Wer wählen geht ist Vorbild für Kinder und alle anderen Mitmenschen.
  • Für die, die sich nicht entscheiden, entscheiden andere.
  • Nicht zur Wahl gehen, bedeutet mehr Gewicht für politische Randgruppen.
  • ...


Immer noch nicht überzeugt?

Hier noch eine Sammlung augenzwinkernder Gründe für die letzten Zweifler:

  • Auch wenn man am Abend vorher feiern war, das Wahlbüro hat bis 18:00 Uhr offen. Das schafft man sogar mit Kater.
  • Beim Rauchen vor dem Wahllokal lernst du sicherlich nette Leute kennen.
  •  In der Wahlkabine hast du ein paar Minuten Ruhe vor deinem Partner/ deiner Schwiegermutter/ deinem Chef....
  • Sonntags haben die Geschäfte sowieso geschlossen. Was steht da dem Gang zum Wahllokal im Wege?
  •  Für die ganz Faulen gibt es ja immer noch die Briefwahl.
  • Wer sich bei Castingshows an Abstimmungen beteiligt, kann das auch bei der Wahl schaffen.
  • ...








[1] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2274/umfrage/entwicklung-der-wahlbeteiligung-bei-bundestagswahlen-seit-1949/
[2] http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/wahlen-in-deutschland/55597/nach-gechlecht
[3] http://www.mpg.de/467839/pdf.pdf
[4] http://www.mpg.de/467839/pdf.pdf
[5] http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17321/demokratie


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen